Monat: August 2022

Friedensbewegung: Friedensökologischer Appell

Appell an die Bundesregierung, Schaden von der Bevölkerung abzuwenden

 

von Hajo Zeller

(zuerst erschienen auf: https://www.myheimat.de/marburg/politik/friedensbewegung-friedensoekologischer-appell-d3407709.html)

 

Friedensbewegung gegen soziale Verwerfungen und unkalkulierbare Risiken.

25 Aktive der Friedensbewegung haben einen Appell an die Bundesregierung veröffentlicht, mit dem sie eine Abkehr von der Hochrüstung, der Sanktionspolitik und von der Militarisierung der Politik fordert. Sie wenden sich gegen die Nato-Politik doppelter Standards und des manipulativen Nachrichten-Managements, die Völkerrechtsverstöße nur auf Seiten der Rivalen der Nato sieht. Sie kritisieren die Militarisierung der Politik aus Waffenlieferungen in Kriegsgebiete und Sanktionen vor allem gegen Russland.

Die dadurch bedingte Belastung von Millionen Bürgerinnen und Bürgern steigert das Armutsrisiko vor allem für abhängig Beschäftigte, Alleinerziehende, Rentner, Solo- und Scheinselbstständige. Inflation, Energiepreisexplosion, soziale und ökologische Verwerfungen als Folge der Politik im Sinn der Nato bedeuten nicht nur Schaden für die Bevölkerung, sondern sie steigern auch die Gefahr einer nuklearen Eskalation auch ohne Angriffe mit atomaren Arsenalen, da die Ukraine ein Staat mit einem Atomkraft-Anteil von circa 60 Prozent an der Nettostromerzeugung ist.

Die Friedensbewegung fordert angesichts dessen, was auf dem Spiel steht, eine Politik der diplomatischen und weitsichtigen Konfliktlösung, bei der es um eine nachhaltige Friedensordnung der gemeinsamen Sicherheit statt der beständigen Nato-Ausdehnung und Aufrüstung geht.

Der Appell der 25 unterstreicht die Wichtigkeit von Friedensaktionen, die bundesweit Anfang Oktober u.a. in Berlin, Kalkar/Niederrhein und Stuttgart geplant sind.

Der Appell ist jetzt online und kann hier mitgezeichnet werden:
https://chng.it/TXzk5jQ5Mm

 

Der Appell im Wortlaut

Die in viele massive Völkerrechtsbrüche seit dem Ende des Kalten Krieges verwickelten Nato-Staaten beantworten den Krieg Russlands gegen die Ukraine mit einem Wirtschaftskrieg aus vielen Einzelmaßnahmen wie Sanktionen, Embargos und Extrazöllen.

Ihr Bestreben, Russland zu ruinieren “ so die Außenministerin Baerbock nach Kriegsausbruch führt zu sozialen Verwerfungen in Europa und weltweit, die der Bevölkerung zusetzen: Inflation, Lieferkettenunterbrechungen, beschleunigte Verbreitung von Armut, vor allem auch im globalen Süden durch Inflation, Lieferkettenunterbrechungen, Exportstopp für Düngemittel usw. . Die Verbreitung von Armut nimmt dramatische Form an.

Zwangsräumungen, Stromabschaltungen und die Gefahr einer irreversiblen Schädigung der Binnenwirtschaft unseres Staates sowie der internationalen Handelsbeziehungen mit der Folge grassierender Massenarbeitslosigkeit “ all das belastet die Bevölkerung. Die Militarisierung der Politik geht zu Lasten der Sozialpolitik, des Umweltschutzes und generell der Daseinsvorsorge. Die Reduktion von Öl- und Gaslieferungen aus Russland steigert unsere Abhängigkeit von kriegführenden und Menschenrechte verletzenden Staaten, am Golf und vor allem von den USA. Die gesteigerte Abhängigkeit vom US-Flüssiggas führt zu immer weiteren globalen Umwelt- und Kostenbelastungen, Katastrophen und Krisen.

Sollte Nord Stream 1 versiegen, ist das von der US-Administration bekämpfte Nord Stream 2 betriebsbereit, durch das später auch grüner Wasserstoff fließen kann.

Die Lieferung von immer mehr und schweren Waffen in die Ukraine kostet noch mehr Menschenleben und steigert das Risiko, das von den 15 Atomreaktoren in der Ukraine ausgeht: Ihre Sicherheit hängt von einer zuverlässig ununterbrochenen Kühlung “ also von einer sicheren Versorgung mit Wasser ab. Dafür bedarf es eines stabilen Stromnetzes. Grundsätzlich sind Kriege abzulehnen, erst recht dort wo AKWs stehen. In der Ukraine steht Europas leistungsstärkstes AKW, seine Havarie wäre für ganz Europa verheerend. Die gegenwärtigen Kriege bergen neben dem Leid, das sie verursachen, das Potential in sich, in einem nuklearen Inferno zu münden. Der einzige zu verantwortende Ausweg aus dieser Gefahrenlage ist der der Diplomatie.

Wir fordern

  • das Ende des Wirtschaftskrieges, der Hochrüstung und des Zustroms von immer mehr Waffen in Kriegsgebiete;
  • den Aufbau der vom Vertrag zur Deutschen Einheit und von der Charta von Paris geforderten zukunftsfähigen Friedensordnung, die die Sicherheitsinteressen eines jeden, also auch die Russlands und der Ukraine gleichermaßen respektiert, die weltweit mit den gleichen menschenrechtlichen Standards soziale und ökologische Nachhaltigkeit fördert.


DIE ZUKUNFT DER MENSCHHEIT KANN ES NUR IN FRIEDEN GEBEN.

ErstunterzeichnerInnen:

Prof. Dr. Georg Auernheimer, Gunhild Berdal, Eva Böller, Inge Höger, Christiane Reymann, Ulla Jelpke, Anne Rieger, Hartmut Drewes, Wolfgang Gehrcke, Lühr Henken, Jürgen Karbe, Joachim Guilliard, Jutta Kausch-Henken, Prof. Dr. Karin Kulow, Stefan Kytzia Dr. Ulrich Kypke, Ekkehard Lentz, Pascal Luig, Lore und Bernd Meimberg, Dr. Christof Ostheimer, Karl-Heinz Peil, Werner Rügemer, Prof. Dr. Werner Ruf, Jochen Scholz, Bernhard Trautvetter

Arbeiten bis zum Umfallen: Wirtschaftslobby will Ausbeutung weiter verschärfen, um Profit zu sichern

Der mächtige Arbeitgeberverband Gesamtmetall fordert deutlich längere Wochen- und Lebensarbeitszeiten, um die Krise zugunsten der Konzerne zu meistern. Angesichts der technologischen Entwicklung sowie der real zu erwartenden Auswirkungen ist das absurd.

 

von Susan Bonath

 

Blutig erkämpfte die Arbeiterbewegung einst Achtstundentage und Altersrenten. Die „soziale Marktwirtschaft“ mit ihren Gerechtigkeitsversprechen stellte die Lohnabhängigen nach 1945 dann weitgehend ruhig. Doch spätestens seit der Abwicklung des „Ostblocks“ Anfang der 1990er Jahre geht es rückwärts: Der Abbau sozialer Rechte schreitet voran, unbezahlte Überstunden sind an der Tagesordnung und das Renteneintrittsalter steigt. Unternehmerverbände rufen nach immer neuen Schikanen gegen Beschäftigte.

Unter dem Vorwand der Alternativlosigkeit trommelt aktuell der Arbeitgeberverband Gesamtmetall nicht nur für eine Benachteiligung privater Haushalte bei der Gasversorgung, sondern auch für eine weitere Verlängerung der Wochen- und Lebensarbeitszeit. Den Zeitungen der Funke Mediengruppe sagte dessen Präsident Stefan Wolf aus seinem (vermutlich bequemen und gut bezahlten) „Homeoffice in Süddeutschland“ wörtlich:

„Schaut man sich die demografische Entwicklung und die Belastungen der Sozial- und Rentenkassen an, dann sind die Reserven aufgebraucht. Wir werden länger und mehr arbeiten müssen. Stufenweise werden wir auf das Rententeintrittsalter von 70 Jahren hochgehen müssen “ auch weil das Lebensalter immer weiter steigt. Ansonsten wird das System mittelfristig nicht mehr finanzierbar sein.“

So plädierte Wolf neben der Rente mit 70 zusätzlich für die Verlängerung der regulären Wochenarbeitszeit von 40 auf vorerst 42 Stunden. Das wäre das Ende des Achtstundentages “ eine der ältesten Forderungen der Arbeiterbewegungen seit dem frühen 19. Jahrhundert. In Deutschland wurde dieser 1918 erstmals gesetzlich verankert.

Niedriglohn und unbezahlte Mehrarbeit

Mit Blick auf die „digitale Revolution“, die immer mehr Arbeitsplätze überflüssig macht, erscheint Wolfs Forderung ziemlich irrational. In vielen Ländern, auch europäischen, erreichen Arbeitslosigkeit und Armutsquote immer neue Rekordhöhen. Auch die Löhne hinken zusehends hinter der Inflation her.

In Deutschland arbeitete zum Beispiel 2018 nach offiziellen Angaben des Statistischen Bundesamtes mehr als jeder fünfte abhängig Beschäftigte zu einem Niedriglohn. Damit befand sich die Bundesrepublik im EU-Vergleich an sechster Stelle von oben, hinter Lettland, Litauen, Estland, Polen und Bulgarien.

Außerdem leisteten die rund 34,4 Millionen sozialversicherungspflichtig Beschäftigten in Deutschland im vergangenen Jahr fast 900 Millionen unbezahlte Überstunden. Die Dunkelziffer ist unbekannt. Zuletzt hat diese Form der Ausbeutung, der sich viele aus Angst vor dem Verlust ihres Arbeitsplatzes fügen, wieder zugenommen.

Erwerbslosigkeit auf hohem Niveau

Zugleich lebten nach Angaben der Bundesagentur für Arbeit (BA) zuletzt rund 5,6 Millionen Menschen in Hartz-IV-Haushalten, darunter mehr als 1,5 Millionen Kinder. Die Zahl der Leistungsberechtigten hat sich seit der Einführung der Grundsicherung für Arbeitssuchende nur wenig verändert.

Die BA verzeichnet aktuell nach einer kurzen Erholung eine Zunahme der Hartz-IV-Betroffenen. Im Juli waren demnach etwa 200.000 Haushalte mit über 400.000 Personen mehr als im Mai dieses Jahres von diesen Leistungen abhängig. Fast jeder vierte betroffene Erwachsene war letztes Jahr trotzdem berufstätig, verdiente aber so wenig, dass er aufstocken musste.

Auch langfristig dürfte eine Vollbeschäftigung, mit der einst die BRD zur Zeit des „Wirtschaftswunders“ prahlte, nicht zu erwarten sein. Aufgrund der technologischen Entwicklung rechnet die Wirtschaft allein in der Fertigungsindustrie mit einem Abbau von 1,3 Millionen Jobs in den kommenden drei Jahren.

30 Jahre Rentenkürzungen

Statt die Arbeitszeiten bei vollem Lohnausgleich zu verringern, setzt die Politik seit gut zehn Jahren schrittweise das Renteneintrittsalter auf 67 Jahre herauf. Das Gesetz fokussiert dabei auf das Geburtsjahr: Aktuell können Beschäftigte, die 1956 geboren wurden, regulär mit 65 Jahren und zehn Monaten in Rente gehen. Die Altersgrenze von 67 gilt erstmals ab 2031 für den Geburtsjahrgang 1964.

Die Anhebung des Renteneintrittsalters ist in Wahrheit eine Rentenkürzung. Wolf begründet seine noch weitergehenden Wünsche dahingehend mit einem Anstieg der Lebenserwartung. Mit anderen Worten: Alte Menschen sind aus Sicht der Marktideologie unproduktiv und verursachen wie Erwerbslose Kosten. Die bezahlt zwar der Staat. Dieser muss sich allerdings das Geld über Steuern zurückholen “ sowohl von Unternehmen als auch von Beschäftigten. Das schmälert den Profit. Aus dem Blickwinkel von Marktökonomen ist Wolfs Forderung nur folgerichtig.

Wirft man einen Blick auf die sogenannten Rentenreformen der vergangenen 30 Jahre, so wird schnell deutlich: Ein Rentenkürzungsprogramm jagte seither das nächste, lediglich unterbrochen von Trippelschritten des vorsichtigen Zurückruderns. Bereits die Abwicklung der DDR ging mit einer Anhebung des Rentenalters und der Einführung von Abschlägen einher. 2001 senkte der Gesetzgeber das Rentenniveau weiter, 2004 beschloss er die Besteuerung der Altersbezüge. All diesen Gesetzesbeschlüssen gingen entsprechende Forderungen aus der Wirtschaft voraus.

Marktideologie mit Tücken

Womöglich werden sich Fließbandarbeiter also bald entscheiden müssen, ob sie mit dem Rollator zur Arbeit schieben oder sich mit vorzeitiger Hungerrente zufriedengeben. Auch in Seniorenheimen könnte es dann schwerfallen, zwischen Bedürftigen und Pflegekräften zu unterscheiden, während immer mehr junge Menschen keinen Arbeitsplatz finden, von dem sie leben können.

Vorausgesetzt ist natürlich, die Lohnabhängigen erreichen überhaupt den 70. Geburtstag, wenn erst die Wohnungen kalt bleiben. Der Präsident des mächtigen Unternehmerverbandes Gesamtmetall ist nämlich auch nicht für eine Deckelung der Gaspreise für die Bevölkerung. Er sagte: „Grundsätzlich bin ich für die freien Regelungskräfte des Marktes.“ Weshalb er sich auch gegen Lohnerhöhungen ausspricht.

Doch diese Marktideologie hat Tücken: Wenn Erwerbslose keinen Job finden, Beschäftigte bis ins Greisenalter schuften sollen, ihre Löhne aber trotzdem nicht für das Nötigste reichen, und wenn ihnen obendrauf kalte Wohnungen ein frühes Ableben bescheren, bleiben die Konzerne so oder so auf ihren Waren sitzen. Dann brechen die Profite trotzdem ein. Daran ändert das auch von Wolf heraufbeschworene Feindbild in Gestalt des russischen Präsidenten Wladimir Putin nichts.

 

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